Stillprobleme
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4 knallharte Messwerte, mit denen du herausfindest, ob du genug Milch hast

muttermilch sättigend
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Vor einiger Zeit sah ich in der Werbung ein Gerät. Der Traum mancher schlafloser Mama-Nacht.

Angeblich könnte man mit diesem Gerät genau ermitteln, wie viel Milch in der Brust sei.

Als IBCLC kann ich da nur lachen.

Wenn es hilfreich für unser Leben gewesen wäre, hätte uns der liebe Gott oder Mutter Natur vermutlich mit einem gut ablesbaren Messstandsbarometer an der Brust ausgestattet.

Noch ein Grund, warum ich es für unwahrscheinlich halte, dass ein solches Gerät funktioniert?

Ganz einfach – ich bin mir sicher, sollte es ein solches Gerät mit ordentlicher Funktionsfähigkeit geben, wäre es längst in der industriellen Milchwirtschaft im Einsatz. Bisher habe ich dergleichen jedoch nicht gehört.

Anders als beim Entschlüsseln der Tier-Laute. Das geht tatsächlich – beim Menschenbaby übrigens auch!

Entschuldige – ich komme vom Thema ab.

Nun bist du nicht die erste Mama, die sich Gedanken über ihre Milchmenge macht. Versprochen!

Du brauchst dich weder genieren und verstecken.

Auch im Mindful Mama Clan auf Facebook  ist es immer wieder Thema.

Auch in Kliniken landaus – landein.

Manchmal könnte man regelrecht meinen, hier wimmle es nur so von Controlfreaks.

Warum das Messen der Milchmenge nicht funktioniert

Ein häufiges Trauer-Szenario – vielleicht hast du es sogar selbst erlebt – eine Mama wird in den ersten paar Lebenstagen mit der Information versorgt, dass ihr Baby deutlich abgenommen hätte.

Einzige Maßnahme:

Eine Still-Wiege-Probe.

Sie hat viele Namen. Vorher-Nachher-Wiegen. Stillprobe.

Vorgehensweise ist immer identisch:

Das Baby wird vor dem Stillen gewogen und danach. Mit samt der gleichen Kleidung, der gleichen Windel, dem gleichen Spucktuch, Schnuller usw.

Die Differenz soll die exakte Trinkmenge sein.

Rein mathematisch gedacht völlig richtig.

Es IST die Trinkmenge.

In DIESEM MOMENT.

Wenn nun möglicherweise noch protokolliert wurde, wie häufig das Baby in 24 Stunden gestillt wurde, könnte man auf die irrwitzige Idee kommen, nun hochzurechnen wie viel Milch das Baby erhalten hat.

Also zum Beispiel:

5 ml in der Momentaufnahme gerechnet mal 10 Mahlzeiten: 50 ml in 24 Stunden.

Der Supergau!

Zumindest wenn man davon ausgehen möchte, dass das Baby mehrere hundert Milliliter zu sich nehmen müsse.

 

Was passiert viel häufiger?

Die Mahlzeiten in 24 Stunden verlaufen höchst unterschiedlich.

Es gibt…

  • Mahlzeiten am Beginn und am Ende einer Clusterphase, welche das Ergebnis völlig verfälschen können, weil dementsprechend viel oder wenig getrunken wird (bei einer einzelnen Mahlzeit).
  • Zwischenmahlzeiten mit kleinem Volumen.
  • Mahlzeiten, da werden ausnahmsweise zwei Seiten getrunken, statt wie sonst nur eine.
  • Mahlzeiten, die werden möglicherweise gar nicht protokolliert, weil sie „so kurz“ waren – andocken, abdocken … aber vielleicht hat dein Baby dennoch 5 ml erwischt, die gar nicht mitgezählt wurden.

Eine einzelne Stillprobe ist völlig ohne Aussagekraft.

Sollte eine große Mahlzeit erwischt worden sein, kann es sogar zur falschen (!) Annahme kommen, dass dein Baby genug Milch bekommt, obwohl das gar nicht der Fall ist!

 

Sollte es so dringend notwendig sein herauszufinden, wie viel Milch dein Baby in 24 Stunden erhalten hat, ist es notwendig diese Stillwiegeproben sehr konsequent über den Verlauf von 24 Stunden durchzuführen. Vollständig. Bei jeder Mahlzeit.

Klingt anstrengend.

Ist es meist auch.

Deshalb sollte das wirklich gut überdacht werden, ob es nicht sinnvoller ist, statt Stillproben das Stillmanagement effektiver zu gestalten, damit dein Baby das meiste an Milch bekommt, was derzeit möglich ist.

Im Onlinekurs Mama Milk Booster machen das die Teilnehmerinnen sehr erfolgreich innerhalb weniger Tage. Viele sind damit sogar vom Zufüttern weggekommen – ohne den Stress, dass das Baby unnötigerweise an Hunger leidet!

 

An welchen Meßwerten kannst du nun also ablesen, ob dein Baby genügend Milch bei dir erhält?

 

#1 – Urin als Messwert für genug Milch beim Stillen

In den ersten 24 Lebensstunden ist es zuerst einmal wichtig, dass dein Baby seine erste Urinausscheidung hat. Darauf werden die Schwestern auf der Wochenbettstation ein besonderes Augenmerk haben.

An den folgenden Lebenstagen kommt es zu eher seltenen Urinausscheidungen oder kleinen Mengen.

Wichtig ist, dass die Urinausscheidung vorhanden ist und, dass sie sich bis zum 5. Lebenstag steigert.

Es kann sogar sein, dass der Urin braun-rötlich verfärbt ist. Der sogenannte Ziegelmehl- oder Sedimenturin kann im ersten Moment so ähnlich wie Blut aussehen.

Blut in der Windel von Mädchen gibt es auch – das ist allerdings nicht das Gleiche.

Urinsediment kommt meist dann vor, wenn einige Tage wenig Flüssigkeit durch die Blase geschwemmt wurde und jetzt erstmals eine größere Menge Urin entleert wird.

Fälschlicherweise kommt es dann ganz häufig zum (unnötigen) Zufüttern, weil es als Zeichen für eine zu geringe Urinmenge gedeutet wird. Diese Frage sollte erst ganzheitlich gestellt und beantwortet werden, ehe die Nachteile des Zufütterns in Kauf genommen werden.

Nach einigen Tagen pendelt sich die Urinmenge bei etwa 5-6 gut gefüllten Wegwerfwindeln oder 7-8 deutlich nassen Stoffwindeln ein. Exakte Angaben für Windelfrei-Babys die ab Geburt abgehalten werden gibt es nicht – du kannst in etwa von der doppelten Pieselhäufigkeit ausgehen.

Ein „zu viel“ gibt es dabei nicht!

#2 – Stuhlgang als Messwert für genug Milch beim Stillen

Ebenfalls in den ersten 24 Stunden nach der Geburt, soll die erste Stuhlgangausscheidung erfolgen.

Das ist zum einen ein Zeichen, dass die Verdauung eingesetzt hat. Durch einen entleerten Darm entsteht leichter ein Hungergefühl.

Zum anderen ist das im Darm lagernde Mekonium angereichert mit Bilirubin – dem Stoff welcher die Gelbsucht bei Babys verursachen kann. Es ist ein Abbauprodukt aus dem Blutkreislauf deines Babys, welches rückresorbiert werden kann. Je zügiger es ausgeschieden wird, desto besser als Vorbeugung einer behandlungsbedürftigen Gelbsucht.

Ein häufiges Stillen schon in den ersten 24 Stunden nach Geburt hilft mit dem abführend wirkenden Kolostrum die Ausscheidung des Darmes in Gang zu bringen.

Sobald das Mekonium heller wird, nennt man es Übergangsstuhl.

Dieser ist bereits mit Muttermilchstuhlgang vermischt.

Es kann noch einige Tage dauern, bis er meist ockergelb und in der Konsistenz von glatt bis zerhackt erscheint.

Die Stuhlgangausscheidung ist in den ersten Lebenswochen täglich zu erwarten. Ist die Stuhlgangausscheidung bereits seltener in den ersten Wochen, kann dies ein frühes Zeichen für ein Stillproblem sein, welches noch keine weiteren Symptome verursacht.

Farblich kann der Stuhlgang von Babys sehr unterschiedlich sein.

#3 – Temperatur als Messwert für genug Milch beim Stillen

Während der Schwangerschaft wurde dein Baby von einer ständig stabilen Temperatur von ca. 36,5-37,5°C umgeben.

Nach der Geburt muss dein Baby sich um den Erhalt seiner Temperatur selbst kümmern.

Um diese Umstellung zu überprüfen, wird in den ersten Tagen meist die Temperatur einige Male überprüft.

Noch weitere Informationen hält die Temperatur-Überprüfung bereit.

Wenn dein Baby noch Unterstützung braucht seine Temperatur zu halten, fällt es meist mit einer zu niedrigen Temperatur auf. Hilfe bringt da das Bonding im direkten Haut-zu-Hautkontakt. Bonding kannst du heute in einer wachsenden Anzahl an Kliniken praktizieren.

Eine erhöhte Temperatur kann ein Hinweis auf einen guten Wärmetransfer während dem Bonding geben. Es kann ebenfalls ein Warnhinweis sein – Infektionen beginnen häufig mit Fieber von 38,0 Grad und können im Rahmen einer Blutabnahme leicht bestätigt oder ausgeschlossen werden.

Eine dauerhaft erhöhte Temperatur ohne weitere Ursache einer Infektion kann darüber hinaus ebenfalls ein Hinweis auf eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme sein.

Es ist in jedem Fall ein guter Hinweis, um das Stillmanagement zu überprüfen.

In vielen Fällen habe ich eine große Panikmache rund um die Temperatur erlebt – eine Veränderung der Situation (Kleidung, Bonding & Stillmanagement) und eine erneute Überprüfung innerhalb von 60-120 Minuten kann ganz oft schon eine Entwarnung geben. Oder die Notwendigkeit weiterer Ursachenforschung aufzeigen.

Auch nach den ersten Lebenstagen ist die Temperatur zwischen 36,5-37,4°C zu erwarten.

Sollte dein Baby ungenügend Nahrung in den ersten Tagen erhalten, ist die Temperatur auch immer im Kontext der Gewichtsentwicklung zu sehen.

#4 – Gewicht als Messwert für genug Milch beim Stillen

Auch wenn es völlig normal ist, dass dein Baby in den ersten Tagen nach der Geburt erstmal an Gewicht verliert, darf dies nicht ins unermessliche gehen.

Gut. 7% des Körpergewichtes ist eine ganze Menge, wenn wir uns das mal auf unser eigenes Gewicht übertragen.

So viel gilt noch als „normal“.

Wenn 10% Gewichtsverlust erreicht sind, gilt es als „medizinische Zufütterindikation“ – ergo ist es nun wichtig tatsächlich zuzufüttern. Idealerweise stillfreundlich! Und unter Anpassung vom Stillmanagement.

Bevor das geschieht, ist es geschickt, bereits eine IBCLC-Stillberaterin hinzuzuziehen. Da nicht alle Kliniken eine IBCLC-Beratung vorsehen, hat die Online-Still-Beratung definitiv Vorteile, weil sie dir überall dort helfen kann, wo du einen WLAN-Zugang hast.

Ehe du zufütterst, sollte geklärt sein, dass alle gemessenen Gewichtsdaten korrekt waren und auch das Geburtsgewicht nicht durch eine hohe Menge Infuionsflüssigkeit während der Geburt verfälscht war.

Deine Milchmenge passt, wenn die Gewichtsabnahme zwischen Lebenstag 3 und 5 bei 7% aufhört. Dann kommt es meist zu einer 1-2tägigen Stagnation, ehe es wieder nach oben geht. Am 10. Lebenstag ist zu erwarten, dass das Geburtsgewicht wieder erreicht ist.

Im Anschluss nimmt dein Baby stetig zu, niemals ab und die Zunahme beträgt in den ersten Wochen durchschnittlich 210-350 g pro Woche. Nicht weniger!

Die Gewichtszunahme passt zum Geburtsgewicht deines Babys – eher leichteren Babys reicht eine Zunahme an der unteren normalen Wochenzunahme. Schwerere Babys haben eine höhere wöchentliche Gewichtszunahme.

Noch besser lässt sich die Gewichtsentwicklung anhand der offiziellen WHO-Gewichtskurven für Stillkinder ablesen. Diese kannst du dir hier herunterladen – sowohl für Mädchen, als auch für Buben.

Fazit: Hab ich genug Milch?

Meist ist die Antwort: JA.

Aber.

Es kann dennoch sein, dass dein Baby Anzeichen macht, die dich mit der Sorge erfüllen, dass deine Milch nicht reicht. Wie du das herausfindest und was du tun kannst, dass dein Baby richtig trinkt und ausgeglichen ist, lernst du (unter anderem) in meinem Mama Milk Booster – dem Onlinekurs für zufrieden stillende Babys, die satt sind und gut zunehmen.

Wann immer dir dein Bauchgefühl sagt, es läuft etwas nicht rund, lass dir nichts einreden – hol dir kompetente Hilfe an die Seite! Und: meld dich gern bei mir, wenn ich dir helfen darf.

Alles Liebe und bis bald,

Deine Tabea

 

 

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Tabea Laue | Stillen, Schlafen, Mama-Sein