Hast du für das Stillen gekämpft? Und hat es einfach nicht funktioniert?
Bist du an den Punkt gekommen, wo du entscheiden musstest, was für dich und deine Familie das Beste ist?
Bereust du, dass du dir nicht früher fachkundige Hilfe an Board geholt hast?
Dann halte jetzt einen Moment inne
Vielleicht sind Wochen – oder auch Monate vergangen, bis du zu einer Entscheidung gekommen bist.
In dieser Zeit war das Stillen für dich unglaublich aufwändig, selten schön und niemals “richtig” schmerzfrei.
Immer zeigte sich dein Baby unruhig beim Stillen. Nach dem Stillen war es weiter unruhig.
Wenn es Hunger bekam, dann schrie es von 0 auf 100 – und in dir zog sich innerlich bereits alles zusammen. Aus Angst vor dem Stillen, das jetzt gleich bevorstand. Welches dir zu jeder Tageszeit 100% Konzentration abverlangte.
Deshalb wünsche ich dir, dass du folgendes weißt.
#1 – Attachment Parenting “funktioniert” auch mit Fläschchen
In der AP-Community finden sich viele Verfechterinnen des ausschließlichen Stillens.
Hat das Stillen nicht geklappt, hat es eine Mama nicht genügend versucht oder hat sich falsch beraten lassen.
Viel zu oft schwingen da Schuldgefühle mit im Raum und hinterlassen einen äußerst schalen Nachgeschmack.
Das macht mich sehr traurig. Denn was heißt “Attachment Parenting” denn eigentlich?
Es bedeutet bindungsorientierte Elternschaft. Die Bindung als Fundament für Beziehungen. Sie schließt die Väter natürlich mit ein – welche, naturgegeben, nicht Stillen.
Ja natürlich. Beim Stillen wird das bindungsfördernde Hormon “Oxytocin” vermehrt ausgeschüttet. Doch das wird auch in vielen anderen Momenten ausgeschüttet.
Die Oxytocinausschüttung wird übrigens bei Stress reduziert. Kein Wunder also, wenn sich bei Stillproblemen auch negative Gefühle breit machen können, die so gar nicht einer “rosa Bindungswolke” entspringen.
Wo die Community natürlich recht hat ist, dass eine unzureichende Stillberatung immer noch sehr verbreitet ist. Das hat aber nichts mit Schuld zu tun.
Daher: wenn du die Möglichkeit hast, dann hole dir natürlich bitte Unterstützung und Hilfe frühzeitig oder wann immer du es kannst.
#2 – Die Nachteile der Fläschchenmilch sind reduzierbar
Beruflich bedingt sehe ich natürlich viele gesundheitliche Nachteile der Fläschchennahrung. Gerade erst habe ich ein Begleitschreiben für eine Krankenkasse aufgesetzt, in dem es wichtig ist, diese auch zu benennen. Denn nur so hat diese ein Interesse auf Kulanz eine Stillberatung zu unterstützen.
Doch was bedeuten diese Nachteile für dich und dein Baby?
Wir sind in einer sehr gesegneten Lebenssituation. Den meisten von uns steht eine exzellente Gesundheitsversorgung zur Verfügung.
Ja natürlich kann es sein, dass es eher zu einer Infektion oder einer Allergie kommt. Doch beides ist linderbar und behandelbar.
Und: auch mit dem Stillen gibt es einfach keine Garantie, dass dein Baby einen Klinikaufenthalt wegen einer Infektion benötigt.
Was du tun kannst ist, einfach jederzeit auf Hygiene und Haltbarkeit der Nahrung zu achten. Ebenso wie auf die Sicherheit beim Füttern selbst.
#3 – Deine Vorbildungfunktion beginnt jetzt
Der stärkste Entwicklungsmagnet, den unsere Kinder jemals in ihrem Leben kennenlernen sind wir Eltern. Wir sind das prägendste Vorbild.
Nun stelle ich dir eine wichtige Frage.
Du hast deinem Baby bereits vorgelegt, dass man manchmal die Zähne zusammenbeissen muss, um ein Ziel zu erreichen zu versuchen.
War es dein Ziel, dass dein Baby vor dir vorgelebt bekommt, dass man sich selbst in einer ausweglos erscheinenden Situation festhalten muss? Dauerhaft?
Was kannst du jetzt ändern, um deinem Baby eine Fähigkeit oder Eigenschaft vorzuleben, von dem du dir wünscht, dass dein Baby diese einmal felsenfest in sich verankert hat?
- Wünscht du dir, dass es Grenzen erkennt?`
- Wünscht du dir, dass es Grenzen ausreizt oder auch einmal überwindet?
- Wünscht du dir, dass es Hilfe annehmen kann?
Nimm dir eine Weile Zeit, um zu ergründen, welche Art von Vorbild du heute für dein Baby sein möchtest.
#4 – Stillen ist kein Garant für einen liebevollen Umgang miteinander
Das wunderbare am Stillen ist, dass Hormone dabei ausgeschüttet werden. Sie bewirken, dass wir liebevoller mit unserem Nachwuchs umgehen.
Nun spüre einmal in dich hinein.
Spürst du dieses liebevolle Gefühl aufkeimen? Nicht immer ist es völlig offensichtlich.
Tatsächlich gibt es auch eine bekannte, gegenteilige Reaktion, bei der das Stillen eine große Traurigkeit auslösen kann.
Stillen ist mehr als nur Ernährung. Wenn Stillen nicht möglich ist, haben wir heute – zumindest in Europa – eine kontrollierte Nahrung, die dein Baby adäquat versorgen kann.
Ein liebevoller Umgang ist durch das Stillen übrigens nicht garantiert.
Hier haben wir oft eine ganz persönliche, familiäre Liebesgeschichte, die es sich ganz grundsätzlich lohnt anzusehen und wahrzunehmen. Immer wieder und in jedem Altersabschnitt tatsächlich auch neu.
Denn ein liebevoller und wertschätzender Umgang ist erlernbar.
Was ich dir sagen mag, liebe Mama.
Steht bei dir die Entscheidung noch aus, wie es mit dem Stillen weitergeht? Oder hast du sie bereits getroffen?
Diesen Artikel, diese Zeilen, schreibe ich gerade, nachdem ich eine eMail von einer deiner Mit-Mamas bekommen habe. Mit ihr habe ich vor 3 Tagen eine sehr intensive Beratungssession via Skype erlebt.
Als sehr erfahrene Mama mit dem 3. Kind konnte sie niemals zuvor schmerzfrei Stillen – doch dieses Mal kamen noch weitere Probleme dazu.
Ihr Ziel war es, endlich für sich klären zu können, welchen Weg sie nun einschlagen würde.
In einer solchen Beratung geht es nicht mehr nur um den Erhalt des Stillens, sondern es geht darum, zu sondieren, welches Wissen dir bisher vielleicht nicht zur Verfügung stand. Es geht darum zu sehen, welche Kraftressourcen du aktivieren magst und welchen Stillweg du gehen möchtest.
Einen Weg, bei dem du eine freie Entscheidung fällen wirst. Einen Weg mit einer selbstbestimmten Entscheidung deshalb, weil dir deine Möglichkeiten ganzheitlich bekannt sind. Bei dem du dir sicher sein kannst, dass ich dich auch danach weiter begleite und stütze, wenn Zweifel kommen – denn die werden kommen, egal, welche Schritte du für die nächsten Tage oder Wochen wählst.
Wichtig ist einfach, dass du zu einer Entscheidung kommst, bei der du weißt, dass sie dich nicht später einholt. Weder in Form von Reue und die dich auch im Kontakt mit anderen nicht belastet oder unterschwellig in dir schwelt.
Ich wünsche dir von Herzen eine weise und selbstbestimmte Entscheidung.
Und selbst, wenn deine Entscheidung schon zurückliegt und dich widersprüchliche Gefühle und Fragen beschäftigen, gibt es Wege dort heraus. Schritt um Schritt – um wieder freier und selbstbestimmt mit viel Luft zum Atmen zu sein.
Alles Liebe und bis bald,
~Tabea
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Liebe Tabea,
schön, dass Du AP auch mal hinterfragst. Oft lese ich “absolute” Aussagen zu diesem Thema. Ich selbst halte mich auch für einen bedürfnisorientierten Menschen, allerdings will das System AP auf mich als Vater nicht so ganz passen. Ein großes Lob für diese Differenzierung!
Dominik
Hi Dominik,
oh – ich hinterfrage AP ja nicht im generellen, sondern eher wie damit umgegangen wird.
Warum hast du denn den Eindruck, dass AP dich als Vater außen vorlässt? Denn da habe ich einen ganz anderen Eindruck!
Ich freue mich, wenn du dazu etwas erzählst,
~Tabea
Ja Kinder spielen sehr gehen, was man ihnen vormacht. Deswegen versuch ich mich immer in Gegenwart meiner Kleinen vorbildlich zu verhalten.
Huch … das ist ein hoher Anspruch? Das wird wohl niemals vollständig klappen…. und selbst wenn, was bedeutet das für die Kinder? Niemals scheitern zu dürfen?