Entsteht durch langes Stillen ein Eisenmangel bei Still-Kind? Diese Frage wird mir immer wieder gestellt.
Immer wieder wird das Schreckgespenst Eisenmangel auf das Parkett gerufen. Spätestens um den 6-Monats-Geburtstag des Babys. Häufig auch deutlich früher.

Schon vor 10 Jahren warnte das FKE „Stillkindern droht gefährlicher Eisenmangel“ und tingelte damit durch die Presse. In der WELT.de schlüsselte schließlich ein Journalist die ungünstige Verkettung von Industrie & Institut auf. Ebenso, die tatsächlich verfügbaren Informationen der damals durchgeführten Studie.

Schreckgespenst Eisenmangel – alles Humbug!?

Es ist ein ganz normaler Vormittag. Während meiner Arbeit auf der onkologischen Kinderstation, wird die Aufnahme eines kleinen Jungen angekündigt.
Er sieht schüchtern aus. Ängstlich drückt er sich an seine Mami. Die fremde Umgebung und die vielen Menschen lassen alle Alarmglocken in ihm Schellen.
Die Blutabnahme wurde schon durchgeführt und die Angst bleibt, dass ihm gleich noch einmal jemand wehtut.
Für die Verständigung mit den Eltern bleibt nur wenig Worte. Sie sprechen nicht ganz flüssig deutsch. Doch die wichtigsten Informationen der Pflegeanamnese sind schnell gefunden.

Schreckliche Appetitlosigkeit

Der kleine, blasse Junge leidet ganz schrecklich unter seiner Appetitlosigkeit. Nicht umsonst ist er auf der Onkologie gelandet. Eine Infektion konnte bei der Blutanalyse nicht festgestellt werden.
Wirklich gerne gegessen hatte der kleine Junge nie. Inzwischen war es so, dass er außer riesige Mengen an Kuhmilch, Butterkeksen und vereinzelt einem Röschen Brokkoli nichts mehr essen wollte.
Gerade deshalb waren die Eltern sehr besorgt. Die tiefliegenden schattigen Augen hatten sie wahrscheinlich nicht einmal bemerkt.

Milchnahrung reicht ab Beikost nicht mehr aus

Die Haupt Ernährung mit Kuhmilch ist im zweiten Lebensjahr natürlich nicht adäquat!  Dabei ist es gar nicht so wichtig um welches Lebensmittel es sich handelt, aber eine sehr einseitige Ernährung ist immer etwas wo es sich gelohnt genau hinzuschauen.
Ganz häufig werde ich mit der Frage konfrontiert, ob langes Stillen einen Eisenmangel auslösen kann.
Darauf gibt es einige klare Antworten!
Muttermilch ist mit Eisen so ausgestattet, dass parallel das gespeicherte Eisen aus derzeit der Schwangerschaft genutzt wird. Irgendwann – im Verlauf des 1. Lebensjahres- wird dieser Speicher erschöpft, wenn er nicht parallel durch eine ausgewogene Ernährung gefüllt gehalten bleibt.

Einseitige Ernährung – ganz normal! Phasenweise!

Dass ist bei kleinen Kindern immer wieder zu Phasen der Bevorzugung einzelner Lebensmittel kommt ist völlig natürlich.
Sie steuern darüber häufig ihre Versorgung mit Nährstoffen. Es scheint wie eine Art innere Intelligenz zu geben.

Warnzeichen: Nur Stillen!

So kommt es häufig dazu, dass bei einem Eisenmangel Muttermilch bevorzugt wird. Alle anderen Lebensmittel werden vermieden. Der vermutete Grund ist, dass durch das in der Muttermilch enthaltene Lactoferrin das wiederum sehr wenig enthaltene Eisen sehr gut aufgenommen werden kann.
Der kleine Kinderkörper verhält sich sehr intelligent, wenn er sich mit einem Nahrungsmittel ernährt, welches für ihn genau den Nährstoff bereithält. Aufgrund der Notlage in der es sich befindet, ist er nicht offen dafür neue Lebensmittel zu erkunden. So bleibt die Chance aus eisenreiche Nahrungsmittel kennenzulernen.
Dass sich der Eisenvorrat im kindlichen Körper erschöpft, kommt häufiger vor
  • Bei ehemaligen Frühgeborenen, welche deshalb von vorne herein Eisensupplement erhalten (so ist der Mangel unwahrscheinlicher)
  • Wenn die Nabelschnur nicht auspulsieren konnte
  • Bei vorangegangenen größeren Blutungen
  • Manchmal auch nach Infekten
Ein echter Eisenmangel kann auch nicht durch die Ernährung behoben werden. Angepasst dosierte Eisen Tropfen sind hier das Mittel der Wahl.
Sollte ein Eisenmangel vermutet werden, braucht es immer eine Blutabnahme zumindest vom Eisenspeicherwert. Eine solche Blutabnahme muss nicht in einer Notsituation, wie der Geschichte von dem kleinen Jungen weiter oben stattfinden! Sie kann ganz in Ruhe bei dem euer Vertrauen genießen im Kinderarzt durchgeführt werden. Dazu kann die geplante Einstichstelle mit einer speziellen Creme zuvor betäubt werden.

Eisenmangel in der Stillzeit gibt es

Du siehst im Verlauf der Stillzeit kann es durchaus zu einem Eisenmangel kommen. Das weitergeführte Stillen ist jedoch nicht der Auslöser!
Es ist einfach wichtig wir von der WHO empfohlen mit etwa 6 Monaten mit der Beikost zu beginnen. Dazu gehört auch eine abwechslungsreiche Ernährung in der Familie.

Ausschluss eines Eisenmangel beim Stillkind

Sollte mit 8 Monaten ein völliges Desinteresse am Essen anhalten, kannst du einen schwerwiegenden Eisenmangel ausschließen lassen.
Der kleine Junge von dem ich dir eingangs erzählt hatte, litt Gott sei Dank nicht wie zuerst vermutet an Blutkrebs, sondern lediglich an einem behandelbaren Eisenmangel. Eingehend mit einer Anämie, die ihn blass und kraftlos hatte werden lassen.
Eine ungute Konstellation hatte dafür gesorgt, dass ist zu lange gedauert hatte bis dieser diagnostiziert werden konnte.
Signale bei denen du mit deinem Kinderarzt über einen möglichen Eisenmangel sprechen solltest es sind unter anderem:
  • Schlappheit
  • Müdigkeit
  • Blässe
  • Infektanfälligkeit
  • Appetitlosigkeit

Lass dich nicht abwimmeln!

Sollte der Eisenspeicher erschöpft sein, bitte deinen Kinderarzt um die Verschreibung von Eisentropfen.
Und: Lass dich nicht damit abwimmeln, dass du deinem Kind eisenreiche Nahrungsmittel aufzwingen sollst. Durch die Appetitlosigkeit beim Eisenmangel wäre dies eine echte Qual! Wenn der Eisenmangel hingegen behoben ist finden die meisten Kinder einen sehr gesunden Appetit!
Natürlich kann es in jeder Phase der Stillzeit auch zu Krankheit kommen!

Das Stillen ist deshalb nicht schuld.

Aber bitte lass dir niemals einreden, dass das Stillen der Auslöser dafür sei! Sprich vertrauensvoll mit deiner Stillberatung und lass dich unterstützen, um die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Ärzten zu erhalten und zu verbessern
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Eisenmangel Stillen Stillkinder

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Tabea Laue | Stillen & Babyschlaf
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  • Danke für diesen Artikel. Mein Sohn trinkt mit anderthalb immer noch sehr häufig und isst sonst am liebsten nur Haferbrei und wenig Gemüse, auf keinen Fall Fleisch. Hab mich schon gefragt, ob das mit dem Eisen problematisch sein könnte. Begünstigt denn ein Eisenmangel der Mutter einen beim Kind?

  • Meine Tochter ist fast 11 Monate und isst auch eher wenig/ manchmal gar nichts. Beim Kinderarzt wurde Hb und Ferritin kontrolliert. Der Hämoglobin-Wert ist völlig normal, aber der Ferritin-Wert ist unter der Grenze. Meine Tochter zeigt aber keinerlei Symptome, ist fit, hat eine rosige Haut und ist fröhlich. Mein Kinderarzt will daher kein Eisen substituieren, da der Hb normal ist und er von sich aus auch keine Blutabnahme gemacht hätte. Jetzt habe ich aber in Ihrem Artikel gelesen, dass der Ferritin-Wert schon entscheidend ist und sich nicht allein durch die Nahrung füllen lässt.

  • Wir haben mit 13 Monaten genau die oben beschriebene Appetitlosigkeit und die Vorliebe zur Muttermilch. Der Kinderarzt rät zum abstillen (aber auch schon seit dem 6. Lebensmonat,….) eine Anämie ist bestätigt, leider bekommen wir überhaupt keine Tropfen ins Kind. Die Appetitlosigkeit nimmt immer mehr zu, gibt es eine andere Möglichkeit, den Speicher zu füllen? Wir haben schon so viel probiert, nur ohne Essen kann man auch nichts untermischen (die ersten Versuche haben die Waffeln ins Aus katapultiert).

    • Bitte lasst euch dringend (!) beraten – bei eurem Kinderarzt oder einem Hämatologen ggf. – bei einer bestätigten Anämie hat der Körper deines kleinen Schatzes massiven Stress. Ihm jetzt auch noch die einzige sichere Nahrungsquelle zu nehmen würde an Folter grenzen. Aber geholfen werden muss euch dennoch. Welcher Applikationsweg für euren Schatz für Eisensubstitution in Frage kommt kann ich leider nicht einschätzen – prinzipiell gibt es neben Tropfen auch Kapseln, Dragees und Infusionen, was davon in passender Dosierung weiss ich jedoch nicht und ist jenseits meiner Expertise.
      Gute Nerven für die Dialoge mit den Kinderärzten. Alles Liebe!

      • Hallo! Ich bin froh, deinen Beitrag gefunden zu haben. Meine Maus stillt mit 18 Monaten noch viel, isst aber sehr wenig und ist unter der 3. P. Endlich ein Blutbild gemacht: Eisenmangel! Ich hoffe so sehr, dass es jetzt mit Tropfen besser wird. Was mich interessieren würde, darauf habe ich noch keine Antwort gefunden, warum hat man bei Eisenmangel keinen Appetit? Womit hängt das zusammen? Vielleicht kannst du mir da helfen… Arzt glaubt nicht an den Zshang Eisenmangel und appetitlos… Vielen lieben Dank! Lg, Hanna

        • Hey Hanna,
          ich kann dir den biochemischen Vorgang, der im Zusammenhang mit Eisenmangel zu Appetitlosigkeit führt tatsächlich gerade nicht erklären ^^ aber es ist ein bekanntes Symptom von vielen die mit Eisenmangel zusammenhängen.

          Interessant wäre ja eher, was er als Grund für die Appetitlosigkeit sieht – meist steckt dahinter nämlich eine Haltung von „das Kind isst schon wenn es Hunger hat, Sie dürfen ihm halt nicht den Zugang zum Lebensmittel seiner Wahl (Pre / Stillen) lassen“ und das ist die Überzeugung, dass Menschen keinen intuitiven Zugang zu Essen hätten – der steckt tief in unseren Köpfen und eine grosse Portion Adultismus steckt auch drin „ich der Erwachsene weiss besser als du das Kind was du jetzt essen solltest“ und auch eine gewisse Arzt=Gott-Haltung a la „ich als Arzt sage…“ kombiniert mit verbreiteter Unwissenheit zum Stillen, wodurch das Stillen an allen Herausforderungen im Säuglings- und Kleinkindalter schuldig gesprochen wird.

          Ähm ja … nein, das wird kein Ärztebashing, denn es zieht sich durch alle Experten- und Laienkreise …

          Gut, dass ihr den Weg der Blutabnahme gehen konntet und da jetzt schon Klarheit habt, dass ein Eisenmangel vorhanden ist und den behandeln könnt. Ansonsten kann ich dir sehr empfehlen dich grundsätzlich mit „picky eating“ zu befassen und wenn du einen fachlichen Ansprechpartner mit Rückversicherung in Stillfragen und Austausch mit länger Stillenden Mamas suchst, ist der Stillclub möglicherweise das was du suchst – wir nehmen noch bis zum 11.09. neue Mitglieder auf und wenn du das hier erst danach liest, meld dich gern nochmal direkt bei mir

          <3

          Ihr schafft das 😀
          Lg
          Tabea

  • Vielen Dank für den informativen Artikel. Mein Sohn, 10 Monate, hat erst mit 9 1/2 Monaten Beikost akzeptiert. Zu spät, jetzt hat er eine Eisenanämie und darf 3 mal am Tag 10 Tropfen Ferro Sanol zu sich nehmen. Das ist ziemlich oft und wir kommen ins trudeln mit Stillen, Mittags- und Abendbrei, da die Tropfen nüchtern eingenommen werden sollen. Die Kinderärztin meinte, dass auch Muttermilch die Aufnahme von Eisen hemmt. Stimmt das? Konnte das nirgendwo finden. Und wie soll man diese Vorgabe bitte umsetzen bei im Durchschnitt fünf „Mahlzeiten“ pro Tag.

    • Hallo Anne,

      Muttermilch unterstützt durch Laktoferrin die Aufnahme von Eisen – zu oft wird Muttermilch mit Kuhmilch (welche die Eisenaufnahme zwar nicht völlig verschlechtert, aber deutlich hemmt) verglichen (deshalb ist in Pre eine hohe Menge Eisen, weil Pre ja auf Tiermilchbasis ist und im Körper der Kinder entsprechend Eisen ankommen soll – auch wenn da Nachteile mit einher gehen)

      Die Kausalität ist übrigens ja nicht nachgewiesen – denn Eisenmangel macht Appetitlosigkeit und deshalb kann es ebensogut (insbesondere wenn es andere Risikofaktoren gab) so gewesen sein, dass dein Kind WEGEN des Eisenmangels keinen Appetit auf Beikost entwickeln konnte – bitte lass dir nicht einreden du wärst zu untätig gewesen oder zu wenig engagiert bei der Beikosteinführung, ok?

      Also – lieber Eisen nicht nüchtern, aber fern von Kuhmilch geben, als gar nicht

      Gute Besserung euch <3 und wenn du mehr Support möchtest meld dich gern bei mir, dass ich dich auf die Warteliste für den Stillclub setzen kann 🙂 Wenn du Lust hast auf wertschätzenden Support für deine weitere Stillzeit 😀

      Lg Tabea

  • Hallo Tabea und danke für den Artikel. Mein Sohn 18 Monate hat ebenfalls eine bestätigte Eisenamnäsie und bekommt jetzt seit 2 Tagen Tropfen. Mich würde interessieren ab wann wir mit einer Steigerung seines Appetits und der Besserung der Blässe erc rechnen können? Mir bricht es das Herz ihn so zu sehen und ich kann eine Besserung kaum erwarten!

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