Erfahrungsbericht, Stillprobleme
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Stillbericht: Pre >> Pumpen >> Vollstillen

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Ist es möglich ein Baby noch einmal zum vollen Stillen zu bringen, wenn es mit Prenahrung ernährt wurde? Diese Frage erhalte ich häufig!

Carolin ist meinem Aufruf gefolgt und hat mir eine eMail mit ihrem Stillbericht geschrieben, den ich hier veröffentlichen darf. Dafür bin ich immer sehr dankbar, um die bunte Welt der unterschiedlichen Wege von Stillbeziehungen zu zeigen.

Gerade ein Weg von der Prenahrung über das Pump-Stillen hin zum Voll-Stillen braucht Mut und Überzeugung.

Meine Kommentare und Erläuterungen zu Carolins Bericht wirst du an der – pinken – Schriftfarbe erkennen können.

Die Ernährung eines Babys: easy, oder?

Ich habe mir nie groß Gedanken über die Ernährung meines Babys gemacht.

Ich stille es halt nach der Geburt, das hat bei meiner Mama und mir ja auch schon geklappt. Und wenn nicht, mein Mann ist mit der Flasche groß geworden und ist auch gut geraten.

Das höre ich häufig von Mamas und empfehle allen Schwangeren einen Stillvorbereitungskurs zu besuchen.

Mehr Gedanken habe ich mir über die Geburt gemacht, ich hatte eine ambulante Geburt im Geburtshaus geplant und danach eine intensive Kuschel- und Kennenlernzeit zu dritt und ohne Besuch zu Hause.

Allein das ist schon “viel” an Vorab-Gedanken – viele Schwangere finden es unglaublich schwer, sich ein Bild von dem “danach” zu machen. Also dem, was zwischen “Baby geboren” und “Baby sieht das erste Mal sein Babyzimmer” passiert.

In der 32. Woche wurde jedoch Bluthochdruck diagnostiziert, ich brauchte Blutdrucksenker, eine Klinikgeburt war nötig.

Hebammengeleitete Geburtshäuer haben inzwischen viele sehr strenge Vorgaben zu befolgen und dürfen nur noch problemfreie Schwangerschaftsverläufe in der Geburt begleiten.

Diese schlugen jedoch nicht gut an, der Blutdruck blieb hoch und ich hatte den ersten stationären Aufenthalt in der Klinik für die wir uns für den Fall einer Verlegung entschieden hatten.

Verdreifachte Dosis und ich durfte nach Hause.

Bei der nächsten Vorsorge entdeckte meine Hebamme Eiweiß im Urin, die Schwangerschaftsvergiftung war da.

Ich kam wieder ins Krankenhaus.

Einleitung & Kaiserschnitt, statt ambulanter Geburtshaus-Geburt

Die Geburt musste eingeleitet werden und ich bin der Oberärztin immer noch dankbar, dass sie dem Versuch einer vaginalen Geburt zugestimmt hatte. Das Wehengel schlug sehr schnell an, am Mittag jedoch wurden die Herztöne meines Sohnes schlechter, ein Kaiserschnitt musste her und 10 Minuten später war er da, geboren in der 36. Woche.

Der Kaiserschnitt lief super ab, ich konnte alles miterleben und mein Mann konnte bei der Geburt dabei sein. Insgesamt war ich mit der Geburt und dem Aufenthalt sehr zufrieden, auch wenn es nicht meinen eigentlichen Vorstellungen entsprach.

Ein holperiger Stillstart

Jedoch entwickelte sich unser Stillstart dadurch etwas holprig.

Nach einem Kaiserschnitt ist es wichtig darauf zu achten, dass man nochmal mehr Hilfe bekommt. Das ist leider nicht immer automatisch selbstverständlich. Vor allem Bewegungseinschränkung und Schmerzen können den Stillbeginn erschweren.

Da er mit 2200 g sehr leicht war, wurde er mit Papa in den Kreissaal geschickt, während ich im OP-Saal zugenäht wurde.

Dort erhielt er erstmal 15 ml Prenahrung.

Er hat alles brav getrunken.

Nach einer gefühlten Ewigkeit trafen wir uns im Aufwachraum wieder.

Mein Mann kümmerte sich um das Familienzimmer, welches wir zum Glück erhielten.

Ein früher Pumpbeginn ist wichtig

Die Stillberaterin kam vorbei, anlegen ging erstmal nicht, er war viel zu schwach und sie brachte mir die Medela Pumpe vorbei.

Noch heute bin ich ihr dankbar dafür.

Ein früher Pumpbeginn verbessert in einer solchen Situation die Chancen für das Stillen bedeutend!

Ich pumpte also alle 3 h – auch nachts.

Anfangs bekam er Prenahrung mit der Flasche und das gepumpte Kolostrum fütterten wir mit der Spritze. Dann kam immer mehr Milch und wir reduzierten die Milchnahrung.

Der Papa ist fürs Fläschchen zuständig

Mein Mann fütterte alle Fläschchen, anfangs, weil ich körperlich noch nicht konnte, dann weil ich es psychisch nicht konnte.

Mein Kleiner war eher ein schlechter Trinker, mal konnte eine Mahlzeit bis zu einer Stunde dauern.

Mein Mann war da viel geduldiger und ließ ihn die ganze gute Muttermilch trinken, auch wenn ich lange mit den 30 Minuten Pumpen fertig war und weiterdöste.

Noch heute gebe ich absolut ungerne die Flasche.

Wir führten ein Fütterungsprotokoll in der alle Mengen eingetragen wurden, die er alle 3 h trank. Wir fütterten nach Wecker, 15 Minuten vorher wickelten wir ihn wach, damit er möglichst lange und viel trank.

Missglückter Stillversuch

Gelegentliche Anlegeversuche (eine der Schwestern presste mir das Kind an die Brust) endeten in Frustration und einem eingeschlafenen Baby, welches trotzdem irgendwie auf seine Trinkmenge kommen musste.

Es gibt sehr viele liebevolle Wege ein Baby zum Stillen zu bewegen und dennoch seine Ernährungsversorgung sicher zu stellen. Wenn du merkst, dass “Stillhilfe” euch nicht gut tut, darfst du diese ablehnen oder konkret nach einer IBCLC-Stillberaterin verlangen. 

Jede Schwester sagte etwas anderes

Als wir einmal früher eine geringere Menge fütterten, weil er unruhig wurde und wir dachten er meldete sich, wurden wir von der Schwester angemeckert. Kleine Zwischenmengen würden nicht satt machen.

Früher hat man in striktem Rhythmus große Mengen gefüttert. Das hält sich bis heute in vielen Köpfen.

Eine andere Schwester meinte wiederum alles sei gut, die Gesamtmenge sei wichtig.

Exakt!

Grundsätzlich erzählte jede Schwester etwas anderes.

Eine Situation die in vielen Kliniken bemängelt wird. Zurecht!

Ich war froh, dass mein Mann die ganze Zeit dabei war. Alleine wäre ich verloren gewesen und wäre bei der Flasche mit Pre geblieben.

Mittlerweile entlassen, pumpte ich zu Hause mit meiner Ardo Calypso, mein Mann fütterte.

Druck trotz normaler Gewichtsentwicklung

Unser Sohn hatte nach 7 Tagen noch nicht das Geburtsgewicht wieder und obwohl er maximal 3 % abgenommen hatte, machte auch die Kinderärztin Druck.

Der Gewichtsverlust ist nach der Geburt völlig normal. Es ist darüber hinaus zu erwarten, dass das Geburtsgewicht am 10 Lebenstag erreicht ist.

Das Trinkprotokoll, welches wir zu Hause weiterführten, half.

Sie glaubte uns, dass die Mengen ausreichend waren. 2 Tage später fing der Wachstumsschub an und ließ sich nicht mehr aufhalten.

Wichtig: Druck rausnehmen

Meine Nachsorgehebamme nahm mir und uns dann den Druck.

Wir dürften ruhig mit dem Trinkprotokoll aufhören und nach Bedarf füttern.

Langsam meldete er sich auch regelmäßig.

Trotzdem waren da ja noch die Pumpe und die ganze Flaschenwascherei.

Doch auch da machte mein Kleiner einen riesigen Sprung. Er fing nach dem Wickeln an bei meinem Mann zu suchen. Mein Mann regte an, es doch noch einmal zu versuchen.

Intuitiv nahm ich ein Stillhütchen, welches ich zu Hause hatte.

Und siehe da er saugte.

In so einer Situation: einfach machen! Wirklich – sich trauen ist da großartig.

Das Stillen endlich genießen

Am Anfang fütterten wir mit der Flasche nach, aber meine Hebamme bestärkte uns darin, dies zu lassen. Aufgrund der rasanten Gewichtszunahme konnte auch ich das Stillen schließlich genießen.

Mit 14 Wochen wog er dann knapp 6 Kilo.

Wir probierten es immer mal wieder auch ohne Stillhütchen, aber ohne richtigen Elan. Irgendwie war mir das Stillen zu fragil und zu kostbar um daran herumzuexperimentieren.

Also sind die Stillhütchen geblieben.

Manchmal ist das Stillhütchen eine wichtige “Krücke” für die Stillbeziehung.

Das ist nicht ideal, ich habe mich jedoch ganz gut mit ihnen angefreundet und nehme jetzt unterwegs immer eine kleine Dose mit. Für mich ist es immer noch bequemer als die anfängliche Flaschenzeit.

Schnuller und ein Vorrat abgepumpter Muttermilch

Auch Schnuller nimmt mein Sohn noch ab und zu und Flaschen aus dem großen Vorrat an tiefgefrorener Muttermilch von der Pumpstillzeit.

Die Brüsten sind jedoch am Besten.

Er kommt jetzt alle 3-4 h nachts, tagsüber auch schon mal nach 2 h. Wir haben jedoch auch schon nachts 7 h und tagsüber 4 h geschafft.

Anstrengend war dann der 12 Wochen Schub, denn er trotz Frühchenstatus pünktlich bekam. Da fütterte ich nachts mal alle 2 h und abends war es fast dauerstillen.

Trotzdem kam mir da nie in den Sinn meine Milchmenge anzuzweifeln und zuzufüttern. Durch das Pumpstillen hatte ich schnell einen Vorrat von 1,5 Litern aufgebaut, ich wusste also immer, dass ich genug Milch hatte.

Das war immer meine gedankliche Notreserve. Auch die Stillhütchen halfen, weil ich immer sah, dass darin eine Milchpfütze übrig blieb.

Eine Stillzeit – anders als geplant

Unsere Stillzeit begann zwar nicht wie sie eigentlich sollte, trotzdem sind wir mit der Art und Weise trotzdem sehr zufrieden.

Durch die anfängliche Flaschenfütterung hat mein Mann eine sehr intensive Bindung zu unserem Sohn aufgebaut, während ich schon nach wenigen Tagen die Freiheit hatte mal kurz ins Einkaufzentrum zu gehen, weil ich wusste, dass unser Kleiner bei Papa ideal aufgehoben war.

Die Ernährung ist darüber hinaus “nur ein” Teilbereich des Bindungsaufbaus. Auch ohne Fläschchen können Väter eine sehr intensive Bindung aufbauen. Das braucht Zeit, Nähe und Engagement und funktioniert ganz unterschiedlich schnell, auch abhängig vom Charakter des Kindes.

Als es nach 3 Wochen mit dem Stillen an der Brust klappte, war ich natürlich geforderter.

Dann begann eine zumeist schöne Stillzeit mit wenig Komplikationen, wie ab und zu minimal wunde Brustwarzen und selten Knötchen in der Brust. Ich bin richtig stolz darauf wie gut mein Kleiner dank meiner Muttermilch zugenommen hat und man sieht ihm die Frühgeburt zumindest gewichtsmäßig nicht mehr an.

Plötzlich ohne Stillhütchen

Nach ca. 4 Monaten ließ ich das Stillhütchen weg und plötzlich klappte auch das Stillen ohne Hilfsmittel.

Wir stillten 6 Monate voll und fingen dann mit Brei an. Der Brei wird super angenommen.

Es ist toll, dass es bei uns doch noch geklappt hat und das wünsche ich jeder Mutter, die stillen möchte.

Der Mama-Rat für dich:

Lasst euch nicht reinreden sondern vertraut auf eure Intuition und eure hoffentlich gute Hebamme.


 

Dranbleiben lohnt sich – das hat die Geschichte von Carolin gezeigt… deshalb sammle ich hier Geschichten von Mamas für dich. Sie kam an den Punkt, wo sie einfach gemacht hat – so wie es sich richtig angefühlt hat. Und in dem Moment hat es funktioniert!

Wunderbar! Und vielen Dank an Carolin fürs Teilen ihrer Geschichte!

Wie war deine Stillgeschichte?

Magst du auch deine Erlebnisse am Stillbeginn mit anderen Mamas teilen? Dann schreib mir gerne eine eMail. Vielleicht liegt dein Stillbeginn auch schon weiter zurück – oder du stößt auf das Thema gerade während einer weiteren Schwangerschaft.

Nutze die Chance und lerne aus den Stillgeschichten für deine eigene, nächste Stillzeit.

Alles Liebe und bis bald,
~Tabea

PS: hier findest du weitere Stillgeschichten vollgepackt mit Tipps

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Tabea Laue | Stillen, Schlafen, Mama-Sein