Warum du der Meinung bist, dass dein Baby mehr Nahrung brauchst, als du ihm geben kannst

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<< im vorangegangenen Abschnitt erkläre ich dir alles zu Haftung & Sicherheit bei der Nutzung dieses Workbooks

 

Es ist wirklich beängstigend, wenn du das Gefühl bekommst, dass dein Baby nicht genügend Nahrung beim Stillen bekommt.

Die Vorstellung, dass dein Baby hungert, nur deshalb weil du darauf bestehst, dass es ausschließlich Muttermilch erhält ….schrecklich.

Von allen Seiten hörst du, du solltest deinem Baby doch endlich “etwas Gescheites” geben. Gemeint ist natürlich das Fläschchen.

Kaum auszuhalten. Als ob die Schuldgefühle, die dein ständig weinendes Baby in dir auslösen, nicht schon reichen würden!

Unter Umständen ist längst das eingetreten, was du nie wolltest.

Dein Baby hat ein Fläschchen erhalten.

Vielleicht zuerst einmal noch Tee. Das fühlt sich gerade nicht “ganz so schlecht” an.

Aber in deinem Innersten ist dir völlig klar, dass das 0-Kalorien-Getränk nicht das ist, was dein Baby jetzt tatsächlich braucht.

Milch.

Die Gründe, die dich zu der Annahme führen, dass dein Baby zu wenig Milch beim Stillen bekommt, können unterschiedlich sein. Sie können sich als wahr oder falsch herausstellen. Es kann sich beim genaueren hinsehen zeigen, dass dein Baby aktuell tatsächlich zu wenig Nahrung erhält, wenn es stillt.

Doch für viele Zeichen auf der die Annahme beruht, dass ein Baby zu wenig Milch erhält, gibt es ebenso andere Erklärungen. Diese werde ich dir hier erläutern, damit du die Möglichkeit erhältst entsprechend darauf zu achten.

1. Dein Baby möchte nach dem Stillen gleich noch einmal Stillen

Babys verhalten sich höchst unterschiedlich. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten.

Manche Babys scheinen sich wie die Mäuschen zu verhalten. Sie sind leise. Lassen sich nach dem Stillen für ein Schläfchen ins Bett legen. Melden sich zurückhaltend, wenn sie Hunger haben.

Dein Baby nicht.

Nach dem Stillen schlafen? Papperlapapp.

Wenn du den Versuch unternimmst dein Baby abzulegen, wacht es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wieder auf.

Auch wenn es bei dir bleibt, ist es unruhig. Und möchte schon bald weiterstillen.

Dieses Verhalten nennt man Clusterstillen. Es gehört zur normalen Bandbreite des Stillverhaltens.

Vielleicht habt ihr ein, zwei oder sogar drei Clusterstillphasen jeden Tag. Oder der ganze Tag fühlt sich wie ein ständiges Still-Szenario an. So steuert dein Baby über den Tag verteilt exakt die Menge der Milchproduktion, die es braucht, damit es im Einklang mit dem Stillen bei dir Wachsen kann.

2. Dein Baby weint nach dem Stillen

Wenn dein Baby also nach dem Stillen weint, kann es einfach sein, dass es noch ein wenig weiter Stillen will.

Es ist eine gute Idee, das zuzulassen.

Ebenso ist es möglich, dass dein Baby etwas anderes möchte. Die Gründe zu weinen sind ganz unterschiedlich.

Beim Stillen wird unter anderem der gastrokolische Reflex ausgelöst, welcher bei deinem Baby zu dem Bedürfnis führt ausscheiden zu müssen. Manche Babys werden sehr deutlich unruhig, wenn das passiert.

Eltern die “windelfrei” praktizieren, nutzen diese Signale zur Kommunikation.

Natürlich kann es auch sein, dass dein Baby einfach getragen werden möchte. Etwas mehr Wärme oder Kühle wünscht und auch vieles andere mehr.

In einem Artikel hier im Blog findest du 51 Situationen, in denen Babys weinen.

Hier schauen wir zuerst weiter nach den Gründen, die dich vermuten lassen, dass du zufüttern musst.

3. Dein Baby hat schnell an Gewicht verloren

Während der ersten Tage wird das Gewicht deines Baby sinken. Dieses Abnehmen ist völlig normal und kann einen Gewichtsverlust bis zu 10% des Geburtsgewichtes bedeuten.

Sogar mehr ist möglich!

Wenn das der Fall ist, ist den Tagen dazwischen meist etwas mit dem Stillen nicht gleich ganz rund gelaufen.

Deshalb ist die Empfehlung, dass das Gewicht deines Babys in den ersten Tagen am Besten täglich einmal kontrolliert wird, so dass der Verlauf beobachtet werden kann.

Sollte die Abnahme die 7%-Marke überschreiten, ist es sinnvoll gemeinsam mit einer Stillfachkraft zu besprechen, ob es am Stillen etwas zu “verbessern” gibt. Dabei lassen sich Unstimmigkeiten leicht feststellen und meistens wird ein Zufüttern so durch frühzeitige Maßnahmen verhindert – oder es zeigt sich sogar, dass alles wirklich prima läuft und ihr vertrauensvoll so weitermachen könnt.

Auch nach einem Kaiserschnitt kann es sein, dass dein Baby viel an Gewicht verliert. Das liegt allerdings nicht am Kaiserschnitt itself, sondern daran, dass du dabei größere Mengen Flüssigkeit per Infusion bekommst. Infusionen unter der Geburt, erhöhen das Flüssigkeitsvolumen in deinen Blutgefäßen. Im gleichen Verhältnis wird auch das Blutvolumen deines Babys mit Flüssigkeit angereichert.

Das kann das Geburtsgewicht verfälschen.

4. Dein Baby ist häufig müde

Wenn dein Baby sehr müde ist und selten oder wenig ausdauernd trinkt, kann es tatsächlich leicht möglich sein, dass Einflussfaktoren wirken, die den Beginn eurer Stillbeziehung erschweren.

Das kann in den ersten 24 Stunden die Nachwirkung von Medikamenten sein, die ihr unter der Geburt erhalten habt. Ebenso ist es möglich, dass sich dein Baby im “Fastenmodus” befindet. Und das kann in der ersten Woche natürlich auch ein Anstieg der Gelbsuchtwerte im Blut sein.

Auch medizinische Ursachen kommen in Frage.

So sehr ich ein Fan der Ursachensuche bin, so stark plädiere ich in dieser Situation zu Maßnahmen zu greifen, die den Weg zum entspannten Stillen ebnen.

Dazu gehören

  1. das Gewinnen von Kolostrum für dein Baby (Vertiefung Kapitel 4)
  2. die Verabreichung von Kolostrum, ohne dass dein Baby “fremdsaugt” (Vertiefung Kapitel 5)
  3. das wiederkehrende Stillangebot unter Begleitung & Anleitung

Wenn dein Baby sehr ruhig ist und seltener als 8x in 24 Stunden stillt werden sich meist auch bereits weitere Merkmale wie “seltene Urinausscheidung” und “langsame Gewichtsentwicklung” dazu gesellen.

In der individuellen Stillbegleitung können entsprechende Maßnahmen sehr gut an euch und eure Situation angepasst werden, ohne dass wertvolle Zeit verloren geht.

5. Du konntest nach der Geburt keine Veränderung in der Brust spüren

Die Erwartung für den Stillverlauf der ersten Tage beinhaltet meist, dass der Milcheinschuss schmerzhaft oder zumindest sehr deutlich spürbar ist.

Wenn dann der üppige Dolly-Buster-Busen ausbleibt, führt das schnell zu Verunsicherung.

Ob eine Schwellung deiner Brust in den ersten Tagen stattgefunden hat oder nicht und wie stark sie war, sagt jedoch überhaupt nichts über deine Milchproduktionsstatus aus. Es kann durchaus sein, dass du auch ohne spürbare Schwellung gut in die Milchbildung gekommen bist.

Zur Feststellung, ob dem so ist, folge bitte der Analyse eures aktuellen Startpunktes im nächsten Kapitel. Darin leite ich dich an herauszufinden, ob deine derzeitige Milchproduktion für dein Baby ausreichend ist.

6. Dein Baby hat ein Fläschchen bekommen und es in einem Zug geleert

Noch immer ist häufig üblich, dass bei einem weinenden Baby irgendwann empfohlen wird, dem Baby doch einfach einmal “testweise” ein Fläschchen zu verabreichen.

Und dann passiert es.

Das Fläschchen ist gefühlt innerhalb weniger Sekunden und mit wenigen Zügen zum allergrößten Teil geleert. Das Baby ist still. Schläft ein.

Die vermeintliche Information an dich:

Es ist wahr – ich habe zu wenig Milch – mein Baby hat bis jetzt gehungert. Sie nur wie friedlich es jetzt schläft.”

Etwas anderes wird desweiteren voraussichtlich passieren. Nach diesem Fläschchen wird dein Baby weiterhin immer wieder ergänzend Nahrung benötigen. Vielleicht beschränkst du die Mengen jetzt ein wenig, nach dieser krassen Eingangserfahrung. Doch ohne geht es meist auch nicht mehr.

Was genau steckt tatsächlich hinter den Vermutungen in einer solchen verzwickten Situation?

Dein Baby erhält ungebremst eine große Menge von Nahrung. Es wird zuerst einmal völlig platt sein. In einen tiefen Schlaf fallen. Sein Stoffwechsel wird erst einmal mit der Verarbeitung der Inhaltsstoffe beschäftigt sein.

Doch sein Stoffwechsel wird sich damit nachhaltig verändern. Er wird eingestellt auf eine viel größere zu erwartende Nahrungsmenge.

Diese Nahrungsmenge wird dann entsprechend weiterhin erwartet.

So seid ihr gefangen im Kreislauf des Zufütterns.

Doch oft ist es gar nicht die Mama selbst, die gerne zufüttern möchte.

Ebenso kann es natürlich sein, dass deine Hebamme oder der Kinderarzt zum Zufüttern raten. Ob sie das “zu früh” oder “sehr spät” empfehlen, ist recht unterschiedlich – trägt aber in keinem Fall zu eurer funktionierenden Stillbeziehung bei.

Dazu gleich mehr im nächsten Abschnitt.

Hast du noch weitere Gründe, die dich vermuten lassen, dass deine Milch nicht reicht?

Schreib mir bitte einen Kommentar.

Dieser Abschnitt ist Teil des Live-Book Projekts „Nie wieder Fläschchen“. Er wird während der Buchentstehung frei verfügbar sein. Weitere bereits verfügbare Buchabschnitte findest du über das Inhaltsverzeichnis.

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Hinterlasse mir deine Rückmeldungen und Fragen zu den Abschnitten gerne in der Kommentarbox. So kann ich darauf eingehen und das Buch wird deine Fragen noch besser beantworten können.

Vielen Dank für deine Mithilfe!
~Tabea