Sie tut es (gerade, in Kürze – während ich das hier schreibe wurde noch nichts verkündet oder gezwitschert) wieder: Prinzessin Kate sitzt in England in den Startlöchern für ihre zweite Geburt.
Die Einen hibbeln dabei aufgeregt, die Anderen eher genervt. Aber ein Thema ist es allemal. Vor allem in den Medien.
Ist ja auch ein schönes Thema!
In ihrer ersten Schwangerschaft wurde berichtet, dass die sich mit Hypnobirthing beschäftigt hatte. Diesmal war lange Zeit zu lesen, es gäbe wohl eine Hausgeburt. Wobei: Palastgeburt ist da wohl der passendere Ausdruck. Doch nun wird es wohl wieder eine Klinikgeburt – munkelt man.
Für viele Frauen ist es nicht leicht ihren selbstbestimmten Wünschen zur Geburt Ausdruck zu verleihen. Gar sie in die Tat umzusetzen.
Auch wenn ein KRANKENhaus sicher nicht der optimale Ort für eine natürliche Geburt, ohne willkürliche Interventionen ist: eine natürliche Geburt ist dort möglich!
Du kannst dafür – im Idealfall lange vor der Geburt – einiges tun.
Schritt 1. Was ist dir wirklich wichtig?
In den Gesprächen mit anderen Frauen erlebe ich verschiedenste Ansichten zur Geburt.
Häufig sind die geprägt von der Situation in welcher meine Gesprächspartnerin sich gerade befindet.
Unsere Sicht auf die Geburt wird geprägt durch:
- unsere bisherigen eigenen Erfahrungen. Die eigene Geburt oder vorangegangene Geburten
- die Erfahrungen unseres Umfeldes, der Mikrogesellschaft in der wir vor Ort leben oder der ausgewählten Gesellschaft, die wir uns aufgebaut haben
- unsere aktuelle Betroffenheit, also ob aktuell eine Geburt ansteht und
- alles was die Fachpersonen, die unsere Schwangerschaft begleiten, glauben, sagen oder tun.
Wie du den eigenen Weg zur Geburt findest
Wirklich herausfinden, was davon du selbst bist, kannst du aber nur, wenn du hier offen und ehrlich mit dir selbst ins Zwiegespräch kommst.
- Wie ist deine Haltung, dir selbst und deinem Körper gegenüber?
- Welche Ängste und Zweifel beschäftigen dich? Sind diese wahr?
- Ist der Wunsch nach einer natürlichen Geburt dein eigener? Oder willst du hier den Erwartungen anderer gerecht werden?
- Wie kannst du damit umgehen, wenn sich in dir alles gegen eine natürliche Geburt stemmt?
Je sicherer du in deiner eigenen Haltung zu eurer Geburt bist, desto klarer kannst du später auch die Schritte gehen, die notwendig sind, um deine Selbstbestimmung aufrecht zu erhalten.
Im Gespräch mit deinen Begleitern kannst du besser die drängenden Fragen formulieren und Grenzen aufzeigen, wo sie Gefahr laufen überschritten zu werden.
Schritt 2. Welche Klinik ist die Richtige für dich?
Nachdem du geklärt hast, wo du und deine Wünsche stehen, kannst du nun viel klarer herausarbeiten, welche die richtige Klinik für eure bevorstehende Geburt sein wird.
Häufig wirst du erst eine Weile recherchieren müssen, bevor du auf Antworten stößt. Aber manchmal eilt den Kliniken ein gewisser Ruf bereits voraus.
Ist die Kaiserschnittrate eher hoch oder gemäßigt? Manchmal lassen sich diese Zahlen bereits anhand der Landkreise abschätzen. Oder du suchst den Einblick in die Statistik der Kliniken, die für dich zur Auswahl stehen.
Diagnose: Es ist nur ein Kaiserschnitt möglich
Ganz oft wird recht vorschnell zu einem Kaiserschnitt geraten, wenn eine Schwangerschaft nicht bestimmten Vorgaben entspricht. Hier lohnt es sich genauer nachzufragen, eine alternative Meinung einzuholen, wenn dir eine natürliche Geburt wichtig ist.
Beckenendlagengeburt
Es ist tatsächlich so, dass hinter uns eine Zeit liegt, in der bei Beckenendlagen grundsätzlich Kaiserschnitte gemacht wurden. Hierdurch haben viele der heute aktiven Geburtshelfer die korrekte Begleitung einer Geburt aus Beckenendlage nicht mehr erlernen können.
Doch natürlich gibt es weiterhin die Möglichkeit auch bei einer Beckenendlage spontan zu gebären!
Meist eilt diesen Kliniken ihr Ruf weit voraus.
Sollte deine eigene Hebamme oder dein Gynäkologe hierzu keine Information haben, kannst du dich zb. in Schwangerschaftsforen oder über den Kontakt zu weiteren Hebammen, Doulas und Geburtsvorbereiterinnen durchfragen.
VBAC – spontan nach Kaiserschnitt
Bei Schwangerschaften nach Kaiserschnitt werden recht unterschiedliche Aussagen getroffen.
Die größte Sorge ist hierbei, dass die inzwischen geheilte Naht eines vorangegangenen Kaiserschnittes nicht halten könnte. Laut Ina May Gaskin ist hierfür auch wichtig zu wissen, wie die Kaiserschnittwunde genäht wurde (Quelle: Ina May Gaskin, Die selbstbestimmte Geburt).
Bei dem Wunsch einer spontanen Geburt nach Kaiserschnitt ist es wirklich wichtig vorab das Gespräch mit den Geburtsbegleitern zu suchen. Eine klare Stellungnahme zu fordern, ob es bei einem “naja wir versuchen es halt” bleibt oder ob ein klares Statement für eine Spontangeburt gesetzt wird.
Auch kannst du hier wieder nach Zahlen fragen. Wie viele VBAC-Versuche enden zum Beispiel in einem erneuten Kaiserschnitt?
Oft ist es ein schmaler Grat zwischen Information und Angstmacherei.
Ebenso gibt es natürlich zahlreiche weitere Diagnosen, bei denen in der Schwangerschaft gerne die Angst geschürt wird.
Immer wieder wird viel zu frühzeitig vor einer Spontangeburt gewarnt.
Wie zum Beispiel bei einer “tief sitzenden Plazenta”. Die ist in den allermeisten Fällen in der zweiten Schwangerschaftshälfte durch das Gebärmutterwachstum ausreichend weit vom Muttermund entfernt.
Manchmal hat sich der Gedanke an einen Kaiserschnitt dann im Verlauf der Schwangerschaft schon so gefestigt, dass er aus dem eigenen Mindset überhaupt nicht mehr herauszubekommen ist.
Deshalb ist das Klarwerden über die eigenen Gedanken in meinen Augen wirklich sehr wichtig!
Nur so kann die Geburt einen barrierefreien Verlauf nehmen.
Auch nicht zu vergessen: Ein Kaiserschnitt kann ebenfalls eine sehr selbstbestimmte Geburt sein!
Schritt 3. Wie kannst du Vertrauen aufbauen?
Um einem Menschen trauen zu können, muss man ihn kennenlernen. Dazu gehört Zeit. Diese gemeinsame Zeit kann in Vorsorgen stattfinden, ebenso in Kursen.
Eine gute Möglichkeit ist dazu ein Geburtsvorbereitungskurs oder Schwangerschaftsgymnastik mit den im Kreissaal tätigen Hebammen zu besuchen. Auch beim Infoabend der Klinik kann man einen Teil des Personals bereits kennenlernen, jedoch meist nicht tiefergehend.
Sollte es im Verlauf der Schwangerschaft zu notwendigen Untersuchungen in der Klinik kommen, ist es auch hier gut, die gewählte Klinik aufzusuchen, um das Vertrauensverhältnis weiter auszubauen.
So ist es auch möglich die Räume und Abläufe ein wenig kennenzulernen.
Schritt 4. Welche Vertrauenspersonen werden dich begleiten?
Unter der Geburt nur von Menschen begleitet zu werden, die man kennt und denen man vertraut ist in unserer Gesellschaft fast unüblich geworden.
Doch sind wir mal ehrlich: auf einer Party von Fremden dein Innerstes nach außen zu kehren?
Wer macht das?
Ja gut – du hast Recht. Verrückte gibt es überall. Aber das ist ja doch eher die Ausnahme.
Wenn du dich schon “nackig” machen musst, dann doch lieber zumindest begleitet von Menschen, denen du schon vorher dein Vertrauen geschenkt hast.
Wer kann das also sein? Welche Eigenschaften soll diese Person mitbringen?
Dein Partner
Keine Frage – dein Partner kennt dich gut. Sehr gut.
Aber ob er auch der geborene Geburtsbegleiter ist? Das könnt ihr nur herausfinden, wenn ihr euch damit beschäftig. Wirklich.
Redet darüber, wie es ihm geht mit der Vorstellung dich zu begleiten. Wird er dich retten wollen – vor Angst, vor Schmerzen? Wird er dich unterstützen können? Möchte er dich begleiten? Kann oder soll er andere wichtige Aufgaben am Tag der Geburt übernehmen?
Und redet, wie es dir geht, mit der Vorstellung dich von ihm begleiten zu lassen.
Sprecht miteinander!
Deine Hebamme
Du kennst die Situation wie sie ist. Es gibt immer weniger freie, geburtshilflich tätige Hebammen. Die Situation ist aktuell (2015) angespannter als jemals zuvor in Deutschland.
Wenn du sehr frühzeitig in Kontakt mit einer Hebamme getreten bist, die auch Beleggeburten in einer Klinik anbietet, kann sie dich begleiten.
Lass von ihr auch die Vorsorgeuntersuchungen durchführen, damit ihr viel Zeit habt euch kennenzulernen.
Sprich mit ihr über deine Wünsche, deine Fragen und das, was du wirklich von ihr brauchst.
Deine Doula
Eine Doula ist eine geburtserfahrene Frau, die dir während deiner Geburt dient. So sagt es die Definition.
Die Besonderheit ihrer Ausbildung liegt darin, dass sie gelernt hat dich und deine Bedürfnisse unter der Geburt vorne an zu stellen. Sie weiß, dass gebären individuell ist. Dass du fähig dazu bist.
Sie kennt Methoden, die es dir leichter machen, dich selbst, deinen Körper und deine Geburt zu erleben.
Eine Doula kann dir also auch eine geburtserfahrene Freundin ohne Zertifikat sein. Natürlich.
Wichtig ist dabei aber, dass sie wirklich dich und dein Geburtsgeschehen sieht und nicht ihre eigenen Gedanken, Wünsche oder Ängste auf dich projiziert.
Schritt 5. Wie kannst du dich gut auf die Geburt vorbereiten?
Die Glaubenssätze, die dich begleiten und deine innere Einstellung sind ein Ausgangspunkt, aber natürlich keine Garantie für deinen natürlichen Geburtsverlauf.
Eine gute Hilfe ist es, wenn du dir geburtsbegleitende Komponenten wählst, von denen bekannt ist, dass sie eine natürliche Geburt unterstützen.
Neben vertrauenswürdigen Geburtspartnern, die dich kennen sind das zb. Methoden bei denen es häufiger zu einem natürlichen Geburtsverlauf kommt.
Das Hypnobirthing ist dabei eine Methode, bei der du lernst dich in eine leichte und wirksame Selbsthypnose zu versetzen.
Ebenfalls als wirksam wurde die Methode der progressiven Muskelentspannung nach Jacobsen in einer Studie untersucht.
Bei beiden Methoden wurde der subjektiv empfundene Geburtsschmerz als niedriger eingestuft, wie ohne eine derartige Vorbereitung. Da der Schmerz ab einem gewissen Schwellenpunkt häufig auch zu vermehrten Eingriffen führt, ist es sinnvoll wenn du dich mit einer Methode zur Entspannung unter der Geburt näher befasst.
Inzwischen gibt es übrigens zahlreiche Online-Kurse, die ganz verschiedene Aspekte der Geburtsvorbereitung bearbeiten. Hier einige Tipps worauf du bei der Auswahl deines Geburtsvorbereitungskurses achten kannst.
Schritt 6. Wie kann dir “Privacy” unter der Geburt ermöglicht werden?
Michel Odent – französischer Arzt und Geburtshelfer – weist bereits seit vielen Jahren auf die Notwendigkeit der Wahrung der Privatsphäre hin.
Er hat hierzu das Wort “Privacy” gewählt, was eigentlich noch mehr umfasst. Privacy wird beschrieben als das grundlegende Bedürfnis nach Zurückgezogenheit und Intimität.
Bei allem, was ich bei Odent über Privacy gelesen habe denke ich an einen Zustand zwischen Sexualität und Toilettengang. Beides würden wir nicht mit “jedermann” teilen.
Im Rahmen der Geburt bedeutet das auch, dass es einfach möglichst wenige Störungen und Untersuchungen gibt. Dort wo in Kliniken die Routinen noch nicht auf ein kleinstes Minimum zurückgefahren wurden, kannst du nur im Gespräch deutlich darauf hinweisen, dass es dir wichtig ist, dass deine Intimität unter der Geburt gewährt wird.
Und ja – es gibt Momente, da ist eine Unterstützung in aller notwendigen Intimität dringlich.
Aber die sind so selten, wie die Situationen, in denen du zustimmst, dass ein dir bis dahin fremder Arzt dich zur Toilette begleiten darf.
Schritt 7. Wie kann ein Geburtsplan all deine Hoffnungen unterstützen?
Nun hast du dir inzwischen viele Gedanken gemacht.
Aber ob sich das Klinikpersonal an deine Wünsche halten wird?
Hier kann dir ein Geburtsplan einen großen Dienst erweisen. Geburtspläne sind noch lange nicht überall üblich.
In deinem Geburtsplan schreibst du nieder, welche Untersuchungen du vermeiden möchtest.
Wie du gebären möchtest. Was dir wichtig ist.
Dazu ist es notwendig, dass du dich mit den Aspekten des Gebärens weiter befasst. In unserer Gesellschaft ist dies durch Erfahrungsberichte aus dem persönlichen Umfeld kaum möglich. Literatur über die selbstbestimmte Geburt hilft dagegen sehr.
Es ist wichtig, dass du weißt, was hinter den einzelnen Entscheidungen, die du in deinem Geburtsplan festhältst, steht. So wirst du auch ernst genommen.
Beim Aufnahmegespräch weise auf deinen Geburtsplan hin. Biete an ihn gemeinsam durchzugehen. Nehme dafür u. U. einen weiteren Termin in Kauf und suche das Gespräch mit dem Personal vor Ort.
Auch dies ist noch einmal eine “Instanz” mit der du Sicherheit gewinnen kannst, dass die Zusammenarbeit zwischen dir und der Klinik, die du gewählt hast, gut werden wird.
Eine natürliche Geburt in der Klinik ist möglich!
Es ist wichtig, dass du nicht blindlings auf deine Geburt zusteuerst, wenn du dir eine natürliche Geburt wünscht.
Zu sehr ist das Geburtsklima unserer Zivilisation vergiftet. Ein minimaler Prozentsatz aller Geburten bleibt ohne Interventionen. Ganz zu schweigen von der großen Anzahl an Kaiserschnitten, welche die von der WHO max. 10-15% als akzeptabel eingestuften operativen Geburten weit überschreitet.
Eine natürliche, interventionsfreie Geburt braucht deine Vorarbeit. Deine Selbstbestimmung. Deinen Mut. Deine Stimme.
Nimm dir die Unterstützer mit ins Boot, die dich durch den natürlichen Prozess deiner anstehenden Geburt wirklich begleiten können.
Sorge vorab dafür, dass die Klinik in der du gebären wirst sorgfältig von dir ausgewählt wurde, deinen individuellen Bedürfnissen entspricht und zu einer Zusammenarbeit bereit ist, auch wenn du kommunizierst, dass du Wünsche und Forderungen mitbringst.
Noch ein (vor-)letzter Satz. Es steht und fällt nicht alles mit dem Geburtsmodus, mit welchem dein Baby geboren wird. Das ist ein Mosaik eines viel größeren Bildes.
Was ich dir sagen will ist einfach, dass du es wert bist, auf deine innere Stimme, deine Werte und deine Selbstbestimmung zu hören und diese deutlich zu vertreten. Mit wohlwollenden Begleitern um dich herum wird dann auch ein anderer Geburtsverlauf leichter zu tragen sein, als wenn du völlig überrumpelt neben dir stehst.
Hast du jetzt einen klareren Plan, wie du deine Geburt gut vorbereiten kannst? Wem aus deinem Geburtsvorbereitungskurs oder Freundeskreis helfen kann dieser Artikel noch helfen? Teil ihn doch bitte einfach, indem du unten auf die Social-Media-Buttons drückst.
Ich wünsche dir ein stärkendes Geburtserlebnis und gute Begleiter!
Alles Liebe,
~Tabea
Bildquelle (abgerufen und bearbeitet am 29.04.2015):
“Birth” by François Reiniche – flickr, lizensiert unter CC BY-SA 2.0
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Hallo,
guter Ansatz.
Es fehlen aber meiner Ansicht nach zwei Aspekte, die in der Schwangerschaft aufgebaut werden müssen, damit die natürliche Geburt im Krankenhaus gut gelingt.
1. (Selbst)vertrauen (gut mit sich und dem eigenen Körper sein, damit man erfahren kann und vertrauen kann, dass man selbst wunderbar dazu in der Lage ist, zu gebären)
2. Motivation (wie kann ich mich selbst motivieren? Die besten Mittel, die ich kenne sind Autosuggestion und Visualisierungen)
LG,
Silke
Danke liebe Silke für diese wichtigen Ergänzungen aus deiner wertvollen Berufserfahrung heraus!
Herzliche Grüße,
~Tabea