Erfahrungsbericht
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Mit Oma’s Hilfe auch ohne Hütchen – Bericht einer Stillmama

Stillen Hütchen
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Der Stillbeginn hat in unserer Gesellschaft häufig etwas mysteriöses. Irgendwie scheint es, als hätte das Stillen halt eben geklappt oder eben nicht.

Deshalb hatte ich mich umgehört, welche Mama gerne die Geschichte ihres Stillbeginns hier teilen möchte, um etwas Licht in die Stunden und Tage nach der Geburt zu bringen.

Heute freue ich mich riesig, dass Heidi uns ihre Geschichte erzählt. Sie hatte sich bereits in ihrer Schwangerschaft recht klare Vorstellungen machen können.

Ihre individuelle Geschichte ist Teil einer Serie von Stillberichten. Jede Erfahrung ist ein wenig anders oder sogar völlig anders. Meine Kommentare und Erläuterungen dazu wirst du an der – pinken – Schriftfarbe erkennen können.

Klare Vorstellungen für einen guten Beginn

heidi-alexander-stillberichtIch habe mich schon in meiner Schwangerschaft sehr viel mit dem Thema Geburt, Stillen und artgerechtem Leben mit meinem ersten Baby beschäftigt.

Dabei bin dann auf die Mama-Baby-Vision.de und auch auf Stillkinder.de gestoßen und mir alle für mich interessanten Infos geholt, die ich finden konnte.

Von der Geburt, über die Entscheidungen, die in den ersten Stunden anstehen bis hin zum Stillen. Normalerweise bin ich ein Planer, bis ins kleinste Detail, und Perfektionist.

Interessanterweise habe ich sehr schnell für mich entschieden, dass ich bei der Geburt nicht die Heldin spielen werde, sondern meine ganze Kraft in die Zeit danach investiere.

Das ist deshalb sehr bemerkenswert, weil es dem Großteil der Schwangeren erfahrungsgemäß eher genau umgekehrt geht. Die Geburt nimmt den Großteil der Gedanken ein und für das “danach”  wird einfach angekommen, dass es schon klappen wird.

Oder natürlich auch ganz anders.

Von der Geburt hatte ich zwar eine Wunschvorstellung, aber wenn das nicht so klappt, dann soll es eben nicht sein.

Die folgenden Stunden waren mir schon wichtiger, aber wenn mein Baby nach der Geburt als erstes eine Pampers ranbekommt, statt der mit dem Krankenhaus besprochenen Stoffwindeln, dann ist das kein Weltuntergang.

Unnötige Trennung nach der Geburt

Aber beim Stillen gab es für mich keine Diskussion. Gestillt wird nach Bedarf ohne wenn und aber – mein Körper ist darauf ausgelegt.

Neun Tage nach meinem errechneten Termin platzte dann die Fruchtblase und binnen einer Stunde hätte alles losgehen können.

Wunschdenken – mein Körper war bereit, aber mein Sohn klemmte mit der Nase voran fest. Kurz um, er kam per Notkaiserschnitt auf die Welt, was mich nicht gestört hat.

Vielen Mamas wird erklärt, dass ihr Baby per Notkaiserschnitt auf die Welt gekommen sei, obwohl es sich um keinen lebensbedrohlichen Notfall handelte. Per Definition dürfen bei einem Notkaiserschnitt zwischen der “Entscheidung” und dem “Geburtsmoment” nur maximal 10-20 Minuten vergehen.

Als Mama mag das im ersten Moment kaum einen Unterschied machen. Doch ganz allgemein entsteht so viel häufiger ein falscher Eindruck, der die Geburtserwartungen entsprechend beeinflusst.

Dass sie ihn dann entgegen meiner Bitte trotzdem in ein anders Zimmer gebracht haben und mein Mann erst nach der ersten Untersuchung zu ihm durfte und ihn nicht Haut an Haut nehmen durfte, das hat mich schon sehr gestört.

Es gab dafür keinen Grund.

Er war völlig gesund und fit.

Eine Trennung des Babys von Mama & Papa ist fast nie gerechtfertigt.

Eine wachsende Anzahl an Kliniken passt sich inzwischen dem Wissen über die Bedeutung des sofortigen Bonding an. Dann werden die ersten Check-ups gemacht, während dein Baby auf deinem Oberkörper liegt oder zumindest direkt im OP-Raum.

Sofort nachdem ich aus dem OP geschoben wurde, waren Schüttelfrost und Nachwirkungen der starken PDA heftig. Ich verlangte trotzdem mehrfach, dass er mir sofort gebracht wird.

20 Minuten sind lange – ohne Baby

Es vergingen 20 Minuten, bis ich ihn neben mich gelegt bekam.

Für ein Baby eine noch unglaublich längere Zeitspanne, als es für eine wartende Mama ist.

So hatte ich mir das nicht vorgestellt.

Aber ich habe es akzeptiert und wieder mehrfach nachdrücklich gebeten, dass sie ihn anlegen, bevor er anfängt vor Hunger zu schreien. Um ihm zu zeigen, dass es weiter geht und das nicht das Ende der Welt ist, sondern wir für ihn da sind.

Trotz allem Ärger den Fokus auf das Baby zu lenken und zu schauen, was euch gut tut, ist sehr wichtig!

Und endlich hat sich mal eine der Hebammen erbarmt und sich mit mir beschäftigt.

Keine Zeit es ohne Hütchen überhaupt zu probieren

Sie schaute meine Brust prüfend an und schon lief sie wieder weg und kam mit einem Stillhütchen und den Worten: “Sie haben ja kaum Nippel. Da brauchen wir das ohne Hütchen überhaupt nicht probieren.”

Gut, dachte ich, dann wird das schon so sein.

Nicht optimal, aber Hauptsache mein Kleiner bekommt etwas Nahrung.

Sie drückte ihn mit so viel Gewalt in meine Brust, dass ich ihr schon mit letzter Kraft die Hand weggeschlagen hätte. aber er saugte in dem Moment an und damit war die Sache für mich erstmal erledigt.

Leider gibt es unter den Kolleginnen immer wieder auch jene, die weder in ihrer Sprache, noch im Berühren sanft sein können. Hier bin ich manchmal selbst etwas ratlos, weil ich weiß, dass man auf deren Hilfe ebenso angewiesen bist.

Viel lieber wüsste ich jedes frische Mama-Baby-Paar in liebevollen und zugewandten Händen.

Die ersten Stunden habe ich ihn mir dann von meinem Mann geben lassen und ihn mit Hütchen selbst angelegt – ohne Gewalt nach der Anleitung vom Online-Kurs* von Stillkinder.de.

Das war vermutlich eine sehr gute Idee!

Am nächsten Morgen kam meine Mama zu Besuch und meinte dann, bei ihr sah es auch nicht besser aus mit den Nippeln und da gab es kein Hütchen, sondern Hilfe und Anleitung von erfahrenem Personal. Meine Mama ist in keinster Weise in diese Richtung ausgebildet und doch hat sie einen Handgriff gebraucht und schon hat der Kleine friedlich ohne Stillhütchen vor sich hingenuckelt und ist anschließend zufrieden eingeschlafen.

Toll, ein solches Erlebnis mit der eigenen Mama teilen zu dürfen.

Es ist ja gar nicht selbstverständlich, dass Frauen unserer Elterngeneration helfen können oder selbst Hilfe erhalten haben.

Anschließend habe ich vom Krankhauspersonal verlangt, dass man mir das Stillen ohne Hütchen beibringt.

Die Antwort war mehr als ernüchternd.

Der Zeitmangel in Kliniken als Grund für fehlende Still-Unterstützung ist leider sehr verbreitet

Man habe dafür keine Zeit. Es gäbe hier ja auch noch andere Patienten.

Also beschloss ich, im Krankenhaus weiter mit Stillhütchen zu stillen, obwohl das sichtlich anstrengender für meinen Sohn war.

Ich habe von Anfang an nach Bedarf gestillt und das bewusst für mich behalten, um mir die verschiedenen Meinungen des Personals anzuhören.

Leider gab es vom 4-Stunden-Rhythmus und Baby zwicken, wenn es einschlafen will, bis hin zum niemals länger als 10 Minuten pro Seite jede Meinung.

Nur auf seine Intuition verlassen und nach Bedarf stillen – das habe ich mit keinem Wort gehört. Ich hatte immer das Gefühl, dass jeder genervt war, wenn ich zum anlegen klingeln musste.

Nach einem Kaiserschnitt klappt eben vieles körperlich nicht.

Statt Unterstützung: Vergessen worden

Einmal wurde ich auch abends sitzend im Fußballergriff stillend auch vergessen.

Statt nach 10 Minuten kam die Schwester erst eine dreiviertel Stunde später wieder.

Auch hier ist es wieder die fehlende Zeit, die dem Personal einen Strich durch seine Rechnungen macht. Hier hilft nur, sehr gut auf sich selbst zu achten und immer einen Klingelknopf in Handreichweite weißt.

Ich hatte unbändige Schmerzen und sie hatte mir nicht mal einen Klingelknopf zum Hilfe rufen gegeben. Ich war nicht imstande, mich selbst zu bewegen.

Zum Glück ist mein Sohn einfach eingeschlafen.

Entschuldigt hat die Schwester sich schon, aber geholfen hat mir das in dem Moment nicht.

Wiederkehrende unnötige Trennungen – ohne Absprache

Ab dem nächsten Tag habe ich lieber alles selbst versucht, weil ich jeder Schwester extra erklären musste, dass er Stoffwindeln bekommt und er anschließend nicht einfach, ohne zu fragen, im Zimmer bei den Schwestern bleibt, wie sie es am ersten Tag dauernd taten.

Ich musste klingeln und nach ihm verlangen.

Also das ist wirklich ein Unding! In vielen Kliniken gibt es Wickelmöglichkeiten auf den Zimmern und dennoch höre ich immer wieder, dass Babys für den Windelwechsel mit in die Pflegeräume genommen werden.

Das ist unnötig und spart noch nicht einmal Zeit. Es ist durchaus möglich zu verlangen, dass das Baby im Zimmer versorgt wird.

Kaiserschnitt und ausruhen hin oder her – damit war ich nicht einverstanden und das machte ich auch sehr deutlich.

Stillen & Versorgen auf eigene Faust – trotz Schmerzen

Und auch das Stillen habe ich trotz der körperlichen Schmerzen vom Kaiserschnitt selbst übernommen.

Ein Tipp an dieser Stelle:

Wenn alle Utensilien fürs “Notfallwickeln” am Nachtkasten hinterlegt sind, ist das Wickeln durchaus auch auf dem Bett möglich . Bei Jungs lohnt es sich schnell zu sein, weil die beim “freien Pieseln” gleich einen hohen Bogen produzieren.

Auch nachts, wenn ich eigentlich totmüde war, bin ich lieber unter Qualen aufgestanden, habe ihn in mein Bett gehoben, mich selbst wieder reingezerrt und alles absturzsicher gestaltet, als ein völlig genervte Nachtschwester zu holen, die mir dann Vorträge über mein Stillen halten will.

Hütchen und fehlende Unterstützung bahnen einen Flüssigkeitsmangel beim Baby an

In der 3. Nacht habe ich verlangt, dass ich etwas mit dem Fingerfeeder zufüttern möchte, da meine Milch noch nicht eingeschossen war.

Selbst aufmerksam zu sein und die Bedürfnisse des Babys zu erkennen ist gerade vor dem Hintergrund so wichtig, dass der Zeitmangel des Personals eben sehr real ist. Auch wenn es dennoch zu blöden Situationen kommen kann.

Fingerfeeding wird seit einigen Jahren nur noch für Neugeborene mit speziellen Erkrankungen empfohlen, weil auch dabei ein anderes Saugmuster erlernt wird als an der Brust.

Die Becherfütterung ist eine sehr gute Alternative.

Ich wurde abgelehnt mit Floskeln wie: “Das wird schon. Das ist noch nicht nötig.”

Am nächsten Tag hatte mein Kleiner hohes Fieber durch den Flüssigkeitsmangel.

“Da müssen Sie jetzt zufüttern. Wieso haben Sie denn so lange gewartet!” Meine Erklärung wurde zwar angehört, aber nicht wahrgenommen. Das Personal ist ja nie schuld.

Der Ärger über eine solche Reaktion ist mehr als nur nachvollziehbar.

Am nächsten Tag schoss die Milch ein und ich habe das Zufüttern sofort eingestellt. Bis zur Entlassung hat das Stillen immer beim ersten Ansaugen extrem geschmerzt.

Ich schiebe das inzwischen auf den Stress, dem man wahllos ausgesetzt ist.

Ein Klinikaufenthalt kann tatsächlich schnell zu Stress führen. Viele Menschen, viele (Falsch-)Aussagen, viele Untersuchungen und Termine.

Wann immer es geht ist ein Wochenbett zu Hause ruhiger und angenehmer.

Eine sinnvoller Strategieplan für das Stillen

Nach der Entlassung habe ich meine Hebamme am selben Tag noch bei mir zu Hause treffen können und wir haben alles weitere besprochen. Da ich von Anfang an nachts alleine war, weil mein Mann keine Urlaub bekommen hat, haben wir gemeinsam entschieden, dass wir Stillen ohne Hütchen verschieben, bis mein Mann eine andere Schicht hat.

Immer wenn meine Mama zu Besuch war, haben wir das Stillen geübt und nach knapp einer Woche zu Hause konnte ich tagsüber komplett auf das Hütchen verzichten.

Vom Stillhütchen “weg” zu kommen ist tatsächlich oft mit etwas Übung verbunden. Doch es lohnt sich!

Nachts fehlte mir manchmal noch die Koordination.

Da hieß es dann üben, üben und nochmal üben. Und nicht mal 2 Wochen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ging das Stillen ohne Hilfsmittel und ohne Schmerzen.

Ich stille immer noch voll nach Bedarf und bin überglücklich, dass ich von vorneherein viele gute und vor allem korrekt recherchierte Informationen gefunden habe. Damit konnte ich mit genug Selbstvertrauen und Intuition den einen, für uns richtigen Weg gehen.


Was war für dich während dem Klinikaufenthalt nach der Geburt angenehm oder schwierig? Hast du es ähnlich erlebt, wie Heidi? Oder ganz anders.

Ich freue mich, auch von deinen Erlebnissen in den Kommentaren zu lesen!

Ein herzliches Danke an Heidi, die ihre Geschichte des Stillbeginns mit ihrem Sohn Alexander geteilt hat. Ich wünsche euch eine gute Stillzeit, die ihr in vollen Zügen genießen könnt.

Alles Liebe und bis bald,
~Tabea

 

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Tabea Laue | Stillen, Schlafen, Mama-Sein